Emerging Pollutants und neue Krankheitserreger im Wasserkreislauf

Zusammenfassung des AGE-Symposiums am 2.10.2019 in Luxemburg

Wasserressourcen in Mitteleuropa sind aufgrund der wachsenden Besiedelungs- und Nutzungsdichte vielfältigen Belastungen mit Krankheitserregern und Mikroschadstoffen ausgesetzt. Der Nachweis in immer niedrigeren Konzentrationsbereichen, eine hohe Sensibilität in Öffentlichkeit und Politik bezüglich Umwelt- und Gesundheitsbelastungen stellen die Verantwortlichen in Luxemburg, Deutschland und ganz Europa in den Wasserwirtschaftsverwaltungen, bei Wasserversorgern und Abwasserbetrieben vor vielfältige Herausforderungen bezüglich angepasster Regulierung, Weiterentwicklung von angepassten Reinigungstechnologien, Monitoringansätzen, Bewertungs- und Managementkonzepten sowie öffentlicher Kommunikation und Beteiligung.

Um der Komplexität der Fragestellungen zu begegnen, werden in ganz Europa Beteiligungs- und Dialogkonzepte erprobt. Tim aus der Beek (IWW) berichtete von den Ansätzen zu einer „Nationalen Spurenstoffstrategie in Deutschland", die mit ihren Ergebnissen in eine „Nationale Wasserstrategie" einmünden soll. Die Herausforderung besteht darin, den ergebnisorientierten Kompromiss zwischen einer „freiwilligen Beteiligung" und einer „rigiden behördlichen Vorgabe" zu finden. Die Herausforderungen der dynamischen Regulierung in den Kompartimenten Oberflächenwasser, Grundwasser, Trinkwasser und Abwasser für Luxemburg stellten Danièle Mousel und Luc Zwank (beide AGE) vor. Vor dem Hintergrund einer europäischen Rahmengesetzgebung sind angepasste Umsetzung für die nationalen Anforderungen sowie die Harmonisierung über die Teilregelungsgebiete – zum Beispiel hinsichtlich einheitlicher Grenzwerte für Stoffgruppen in allen Kompartimenten – besonders zu beachten. Neben Regelungen zur Behandlung „end-of-pipe" für Abwasser und Trinkwasser verdienen quellenorientierte Ansätze besondere Beachtung, z.B. die Rückhaltung von RKM bei ambulanten Patienten oder die Information zur wasserschonenden Entsorgung von Arzneimittelresten.

Um die Trink- und Abwasserbetriebe und die zuständigen Behörden auf die vielfältigen neuen Anforderungen vorzubereiten, wurde in NRW, in Baden-Württemberg oder in der Schweiz Kompetenzzentren gegründet. Tim aus der Beek und Andreas Nahrstedt stellten die wichtigsten Leistungen des „Kompetenzzentrums Mikroschadstoffe NRW" als Wissensplattform, zur transparenten Verbreitung von Produkt- und Herstellerinformationen, zum Anschub von Forschung und zur Förderung von Machbarkeits- und Umsetzungsstudien.

Ein immer breiteres Stoffspektrum, die Notwendigkeit für summarische Bewertung von chemischen Stoffbefunden und deren Effekte auf Ökosysteme und den Menschen sind die Hauptmotivation für die neuen analytischen Ansätze „Non-Target" und „Suspect Screening" in Kopplung mit toxikologischen Testverfahren. Peter Balsaa (IWW) erläuterte die neuen analytischen Möglichkeiten, den aktuellen Entwicklungsstand und die Perspektiven anhand von ersten erfolgreichen Beispielen einer vorsorgenden, summarischen Gewässer- und Rohwasserüberwachung. Für die neuen Krankheitserreger gab Henry-Michel Cauchie (LIST) einen Überblick und eine Einschätzung zu den anstehenden Herausforderungen. Er machte deutlich, dass in Europa eine bessere epidemiologische Erfassung von wassergebundenen Erkrankungsfällen, eine konsequente Umsetzung von Water Safety Plan Ansätzen, die Nutzung von neuen mikrobiologischen Monitoring- und Analysetools sowie die gezielte Anwendung vorhandener Aufbereitungstechnologien einen hohen Standard des Gesundheitsschutzes sicherstellen kann. Trotz der bereits langjährig vorhandenen Erfahrungen mit dem Water Safety Plan Konzept ist eine breite Akzeptanz und Anwendung in der Wasserversorgung in den europäischen Ländern noch die Ausnahme, auch mangels einer bindenden gesetzlichen Anforderung. Diese wird aller Voraussicht nach in der für 2021 erwarteten Novellierung der EU-Trinkwasser-Richtlinie gefordert, und in Luxemburg wurde mit dem webbasierten LuxWSP bereits 2018 eine nutzerfreundliche Umsetzung auch für kleine Wasserversorger von der AGE eingeführt. Von ersten Erfahrungen berichtete Brigitte Lambert (AGE) und zeigte die anwendungsorientierte Risikobewertung an einigen Beispielen. Die Nutzung des Webtools und somit des Water Safety Plan Konzeptes wird in Luxemburg ab Dezember 2021 obligatorisch für alle Wasserversorger sein.

Eine wirkungsvolle Unterstützung des etablierten hygienischen Indikatorprinzips steht seit einigen Jahren mit der Durchflusszytometrie zur Verfügung. Andreas Nocker (IWW) zeigte eindrucksvolle Anwendungsfälle für die weitergehende Prozessüberwachung, der Nachweis von Aufbereitungswirksamkeiten und in der Netzüberwachung.

Die konsequente Umsetzung des Multi-Barrierenkonzepts für die Aufbereitung des Rohwassers aus dem Stausee Esch/Sauer in Luxemburg in der im Bau befindlichen Aufbereitungsanlage Eschdorf zeigte SEBES-Direktor Georges Kraus in seinem Vortrag. Neben einer hohen Aufbereitungswirksamkeit, zuverlässigen Elimination bei hoher Effizienz sind in der neuen Aufbereitungsanlage die Bereitstellung von flexiblen Reaktionsmöglichkeiten auf wechselnde saisonale Anforderungen oder Störfälle realisiert. Um die weitergehende Abwasserreinigung mit einer 4. Reinigungsstufe an größeren Kläranlagen zu optimieren, stellte Andreas Nahrstedt (IWW) überzeugende Optimierungsschritte für den Kombiprozess Ozon und Filtration über granulierte Aktivkohlen vor. Der Kombiprozess war nach der Verfahrensoptimierung um ein Vielfaches effizienter und flexibler als die Einzelprozesse, bei gleichzeitig reduzierten Betriebskosten. Aber auch für die kleineren Kläranlagen im ländlichen Raum zeigte Joachim Hansen (Universität Luxemburg), wie mit Biofiltrationsverfahren sehr weitgehende Eliminationsraten für Mikroschadstoffe erzielt werden konnten.

Im Schlussfazit waren sich Jean-Paul Lickes (Direktor des Wasserwirtschaftsamtes), Georges Kraus (ALUSEAU) und Wolf Merkel (IWW) einig darin, dass der angestrebte Erfahrungsaustausch und der fachliche Dialog auf hohem Niveau gelungen sei. Das fast 100 Teilnehmer umfassende Publikum blieb bis zum Ende mit hoher Aufmerksamkeit bei der Sache, und brachte in den Diskussionen zahlreiche Anregungen ein.

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